Es ist 9:52, nachdem ich den Transponder endlich vom Knöchel unseres Schwimmers ab bekommen habe, geht´s endlich los. Schnell durch die Wechselzone, aufsteigen und hoch zur Brücke. Gleich mal ein Mädel überholen und dann die wunderbar abgesicherte Abfahrt nach Eckersmühlen runter.
Eigentlich kann man hier voll fahren aber die Strohballen in den Kurven machen mir irgendwie Angst und veranlassen mich doch hie und da einen Tritt auszulassen.
An der Streck stehen Unmengen Leute, super Stimmung, lautes Rasseln und Anfeuerungsrufe. An der Verpflegung in Eckersmühlen werden einem die Trinkflaschen förmlich aufgedrängt,
wozu hab ich eigentlich extra welche von zuhause mitgeschleppt?
Es folgt ein längeres, waldreiches, Flachstück. Sehr angenehme Temperaturen, im Wald ist es ruhig, aber in jeder Ortschaft stehen oder sitzen Zuschauer am Straßenrand und feiern die Fahrer.
Es läuft gut, fast ausschließlich Staffelfahrer sind hier gerade unterwegs und ich kann oft überholen.
Werde ich selbst mal überholt, lasse ich reichlich Abstand, 30-40 m und versuche das Tempo zu halten. An den kurzen Anstiegen komm ich dann oft wieder ran, das Motiviert.
Mein Puls ist im angestrebten Bereich, 140 in der ebene, 150 in den Anstiegen, die Trittfrequenz immer deutlich über 90.
Die 2. Verpflegung kommt, Lautsprecher, Zuschauermassen, grenzenloser Jubel. Ich versuch schnell noch meine erste Trinkflasche zu leeren, schmeiße sie dann aber 1/4 voll in den bereitgestellten Anhänger.
Problemlos wird mir eine neue in die hand gedrückt, die Stelle ist ideal gewählt im flacheren oberen Teil eines Anstiegs. Statt der angeboten Riegel nehm ich mir lieber einen eigenen aus der Trikottasche, es wird Zeit mal etwas zu essen, die folgende kurze Abfahrt bietet sich dafür an.
An deren Ende eine 90 Grad Kurve und da ist er, der fiese Ostwind, direkt von vorne und mit deutlich über 15 km/h. Mühsam halte ich 30km/h, aber das ist Recht anstrengend. Die Beine fühlen sich schwer an, als wäre ich schon 150km gefahren, dabei sind gerade mal 25 geschafft.
Ich orientiere mich an den vor mir fahrenden aber es läuft nicht mehr gut. Die Sitzposition ist zwar beim schnellen dahingleiten recht angenehm, aber gegen den Wind bring ich so keinen Ordentlichen Druck auf die Pedale.
Die Aeroposition zu verlassen kommt aber bei Gegenwind nicht in Frage. Ich beschliesse es langsamer angehen zu lassen, überhole jetzt kaum noch und werden von einigen an denen ich am letzten Anstieg noch locker vorbei gefahren bin wieder überholt.
Endlich hole ich wieder jemand ein, es ist eine junge Spanierin mit 2-stelliger Nummer, die wohl schon eine Runde hinter sich hat. Es fahren jetzt immer wieder Kontrollmotorräder vorbei, ich befinde mich im jetzt eine Runde hinter den schwächeren Radfahrern der ersten Startgruppe.
Irgendwann erreiche ich dann doch noch Greding, hier ist Riesen Stimmung, es geht Bergauf, der Gegenwind ist weg, ich kann mich aufrichten und endlich wieder viele Überholen. An der Verpflegung lass ich mir ein Bananenstückchen reichen, die Trinkflasche ist noch halb voll, da besteht kein Bedarf.
Oben dann noch mal etwas Wiegetritt und wieder ab auf den Liegelenker. Ich fühl mich wieder besser, spiele etwas am Tacho rum und da kommt die Ernüchterung, Schnitt 29,7 km/h nach 40km
Da war ich ja vor 2 Jahren im Training schon schneller (ist aber nicht wirklich vergleichbar, denn da kam der Wind aus Nordwesten). Zum Glück steht kurz darauf meine Familie am Straßenrand und feuert mich kräftig an, das baut mich wieder auf. Dann folgt die Herrliche Abfahrt auf gesperrter Straße, das macht Spaß.
Der wind kommt jetzt schräg von hinten, es rollt leicht, zu Leicht. Mein Körper hat keine Lust sich anzustrengen, es rollt ja auch so, der Puls bleibt bei 120. Ich werf mal ein Gel ein, trink die eine Flasche leer und noch etwas aus der Reserveflasche mit dem Maltodextrin drin.
Tut gut, aber die Beine bleiben schwer, zunehmend schwellen meine Füße an, ich lockere etwas Schuhe, das hilft aber auch nichts. An jedem kleinen anstieg geh ich in den Wiegetritt um meinen Puls etwas in die Höhe zu treiben, aber ich schaff es nicht dauerhaft ordentlich rein zu treten, werde jetzt öfter überholt, selber übehol ich nur noch die ganz langsamen aus den hinteren Startgruppen der Einzelstarter.
Und dann fährt auch die Spanierin wieder an mir vorbei, nun ist aber genug, ich bleib eisern 20 Meter hinter ihr. Und an einem etwas Steileren Anstieg fahr ich wieder vorbei. Ich esse den Rest von meinem Riegel, trinke reichlich. ab jetzt nehm ich an jeder Verpflegung eine neue Trinkflasche, abwechselnd Wasser und Iso, vor Hilpoltstein dann noch mal ein Gel.
Jetzt kommt der solarer Berg, ein Erlebnis, unten Absperrgitter, oben enges Spalier. Die Menschen, feuern einen an, "komm den da vorne Packst Du", immer wieder die Welle und gelbe Riesenhände.
Ich tret ordentlich rein, endlich geht der Puls mal wieder auf 150. Oben wartet dann aber wieder mein Feind, der Herr Ostwind. Dem zeig ich es jetzt aber, weiter ordentlich reintreten und endlich wieder Überholen. Nicht nur Einzelstarter sondern auch viele Staffelkollegen. Energie ist noch reichlich vorhanden, wenn nur die verdammten Füße nicht so weh täten, vorher hatte ich damit noch nie Probleme.
Ist aber auch verdammt heiß jetzt, nicht mein Wetter. Die Strecke führt jetzt wieder Richtung Westen, Rückenwind und es geht leicht Bergab. Meine Beine haben keine Lust mehr, kurbeln nur Müde rum, Puls liegt bei 115. Ich werde wieder vorwiegend überholt, auch von der Spanierin. Ok, die ist jetzt meine Motivationshilfe, ein schöner Rücken kann auch entzücken. Mal fall ich 100m hinter sie zurück, dann kämpf ich mich an einer kurzen Well wieder auf 10m ran. Schließlich überhol ich sie kurz vor der Kanalbrücke.
Danach seh ich sie nicht wieder, dann für sie geht es ja jetzt gleich auf die Laufstrecke.
Bis Eckersmühlen ist immer noch super Stimmung, danach wird es einsam. Es sind fast nur noch Staffelradler auf der Strecke, ich versuch dran zu bleiben wenn mich einer überholt, aber das ist nicht so leicht wenn man 10m Abstand halten muss.
Selbst nach über 300km in einem Brevet fällt das bei nur wenigen Zentimetern leichter. Wenn es leicht Bergauf geht fangen jetzt auch noch die Waden das zwicken an, die Sitzposition ist einfach Mist, sonst hab ich höchstens mal muskuläre Probleme in den Oberschenkeln, wenn es sehr bergig ist.
Also fahr ich ab sofort Oberlenker wenn es leicht bergauf geht und die steileren Stücke Wiegetritt. Es sind immer noch reichlich Zuschauer an der Strecke die mich anfeuern, aber das hilft jetzt auch nicht mehr viel.
Ich freu mich jetzt auf jeden Anstieg, die Aeroposition nervt, ich bin schrecklich langsam, 27 km/h im flachen, die Gegenwindkilometer bis Greding sind endlos.
Im Anstieg überhol ich endlich mal wieder einige, darunter jetzt auch einige abgekämpfte Triathleten mit 3-stelligen Nummern, für die es heute wohl auch nicht so gut läuft.
Oben stehen dann auch einige am Straßenrand und machen Pause. Ob sie das Ziel erreichen werden ist fraglich, zumindest das dürfte für mich kein Problem sein, zumal mir ja der Marathonlauf erspart bleibt.
Nach der Abfahrt fahr ich recht motivaktionslos vor mich hin, es sind kaum noch andere Teilnehmer in meiner Nähe.
Wann kommt endlich Hilpoltstein? Aber nein erst kommt ja Eysölden, auch egal immerhin gibt's da auch Wasser, ich kann das Isozeugs nicht mehr sehen. Stattdessen schieb ich mir noch ein Gel rein und trinke reichlich.
Es wird wieder etwas belebter immer noch sind viele Zuschauer an der Strecke. Ich genieße jetzt einfach die Stimmung, eine sportliche Glanzleistung wird das ja eh nicht mehr. Solar ist dann auch bald erreicht, unten an den Gittern ist es lehr aber oben werd ich immer noch begeistert angefeuert.
Dann ein letztes mal Isobrühe aufnehmen und mein letztes Gel auslutschen. Noch mal ein Paar Kilometer gegen Herrn Ostwind kämpfen, dann ist es fast geschafft.
Die Füße schmerzen immer stärker, jetzt ist quälen angesagt. Dann der ersehnte Richtungswechsel, nur noch lockere 20km, es kommt etwas Zieleuphorie auf.
Wieder werd ich überholt, jetzt gelingt es besser dran zu bleiben, wenn es kurz bergauf geht kann ich immer noch kontern, Wiegetritt tut richtig gut.
Ein Blick auf den Tacho sagt ich muß noch etwas zulegen um wenigstens die 6h Marke zu unterbieten.
Also Zähne zusammenbeißen und schneller fahren, das geht noch erstaunlich gut, jetzt wird wieder überholt.
Unangenehm sind jetzt vor allem jegliche Fahrbahnunebenheiten, besonders die Querrillen an Brücken tun in den Füßen weh, an der Schleuse Eckersmühlen könnt ich schreien vor Schmerzen.
Ich mach mir langsam Sorgen wie ich das laufen in der Wechselzone überstehen soll. Die kommt schneller als Gedacht, nach knapp 178km, was mir dann hauchdünn noch eine Zeit unter 6h beschert.
Laufen geht dann recht gut, ich kann sogar rennen, leider etwas orientierungslos in Richtung Wechselzone der echten Triathleten.
Andreas wartet schon sehnsüchtig auf mich, ich wollte ja eine halbe Stunde ehr da sein.